Keine Ahnung von Steuern oder Versicherungen – Lernen wir am Leben vorbei?

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„Non vitae, sed scholae discimus“. – Nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir. Mit diesen Worten kritisiert der römischer Philosoph Seneca bereits ca. 62 v.Chr. die Lebensferne von Schulen.

„Non vitae, sed scholae discimus“.

Lucius Annaeus Seneca

Auch heutzutage wird darüber heftig diskutiert wie zum Beispiel nach dem Tweet der 17 jährigen Schülerin Naina: « Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann ‘ne Gedichtsanalyse schreiben. In 4 Sprachen. » Dieser löste vor über 5 Jahren eine deutschlandweite Debatte aus, die meiner Meinung nach aber dennoch immer noch sehr aktuell erscheint und mehr Aufmerksamkeit erhalten sollte.

© TWITTER/NAINABLABLA 

So ungefähr sieht die Situation vieler Zwölftklässler aus: Bald ist das Abitur in der Tasche, danach folgt eventuell ein Studium oder eine Ausbildung. Du ziehst von Zuhause aus, bist auf einmal ganz auf sich selbst gestellt und mit zahlreichen Fragen komplett überrumpelt.

Muss ich jetzt irgendwelche Versicherungen abschließen? Wie läuft das mit den Steuern? Was ist der Unterschied zwischen Kaution und Provision?

In der Schule erhält man keine direkten Antworten auf diese lebensrelevanten Fragen und dein Wissen zur Kurvendiskussion, irgendwelchen Vektoren oder zur Dramentextinterpretation des Shakespearewerkes bringt dir in der Situation auch nichts.

In unseren späteren Berufen werden wohl die meisten keine Stochastik oder Integralrechnung brauchen und deswegen stellt sich die Frage, warum aber Themen, die einem später im Leben weiterhelfen, nicht im Unterricht besprochen werden oder warum es dafür nicht sogar ein separates Schulfach gibt, in dem man über Mietverträge oder Steuererklärungen informiert wird.

Immer mehr Schüler wünschen sich mehr Praxisbezug und anwendungsfokussierteren Unterricht und teilweise wird dies an unserem Gymnasium bereits umgesetzt, aber es bestehen noch viele Möglichkeiten zur Besserung.

Passend dazu kann ich das Beispiel anführen, dass es an unserem Gymnasium ein verpflichtendes Praktikum in der 9. Klasse gibt, mit dem man in die Arbeitswelt schnuppern kann, jedoch unterliegen wir vergleichsweise deutlich dem System der Oberschulen, die mehrere Praktika anbieten.

Wir lernen beispielsweise doch auch das Schreiben von Bewerbungen, warum setzen wir uns dann nicht mit den Fragen des Steuerrechts oder der Altersvorsorge auseinander.

Auf der einen Seite würde so ein neues Fach bestimmt helfen, auf die späteren Alltagsaufgaben des Lebens besser vorbereitet zu sein, aber dennoch ist zweifelhaft, ob Schüler wirklich viel aus dem Unterricht mitnehmen würden und überhaupt etwas hängen bleiben würde. Zugegebenermaßen wäre das Fach für mich sicherlich nicht das Spannendste, aber ich bin der Meinung, dass es sich es trotzdem anbieten würde, wenn diese Themen trotzdem Teil des Lehrplans wären.

Im Fach GRW werden meiner Meinung nach teilweise ähnliche Themen angeschnitten, jedoch werden keine Details vermittelt und man übt zum Beispiel nicht, wie man eine Steuererklärung schreibt oder einen Mietvertrag abschließt. Es wird argumentiert, dass dies nicht die Aufgabe der Schule sei und Schüler theoretisch in der Lage sein sollten, sich das Wissen darüber mithilfe der Eltern oder des Internets selbst anzueignen.

Zudem reicht die Zeit im Unterricht überhaupt nicht aus, um das Meiste detailliert zu besprechen und auszuarbeiten. Man sollte einfach nicht erwarten, dass die Schule einem alles liefern kann. Theoretisch reicht ja auch nur die Grundidee, beim Rest gibt es andere Helfer wie spezielle Fachleute, Familie, Freunde oder das Internet. 

Die eigentliche Aufgabe der Schule besteht also darin, dem Schüler verschiedenste Kompetenzen zu vermitteln, darunter auch das Erlernen von Fähigkeiten wie logisches Denken und Analysieren oder von anderen abstrakten Kompetenzen.

Man eignet sich Inhalte an, welche einem eher weniger Spaß bereiten und man gewinnt viele Erfahrungen, die sich im späteren Leben doch als nützlich erweisen. „Das Abitur bedeutet nicht, bereits alles zu können, aber man ist in der Lage, sich vieles zu erarbeiten. Das gilt insbesondere für ein Studium. Das Gymnasium vermittelt eine allgemeine Hochschulreife, die auf verschiedene Disziplinen vorbereitet.“ 1

Mit diesem Denkanstoß wollte ich euch eigentlich einen schönen Start in die Ferien wünschen, jedoch bin ich beim weiteren Recherchieren dann doch noch auf etwas gestoßen, wovon ich hier abschließend schreiben möchte.

Ich habe schon davon gehört, dass „alltagsorientierte“ Fächer in anderen Bundesländern (wie zum Beispiel das Fach Wirtschaft und Beruf in Baden Württemberg) bestehen und ich wusste auch, dass das Fach Hauswirtschaftslehre an sächsischen Oberschulen gibt, dennoch war mir nicht klar, dass es dafür auch ein Fach an sächsischen Gymnasien gibt. Es nennt sich „Auf dem Weg ins Berufsleben“ und wird seit 2017 angeboten. Falls ihr euch für weiteren Informationen zu diesem neuen Schulfach interessiert, könnt ihr euch gern den Lehrplan anschauen.

Ich habe mich gefragt, warum es dieses Fach dann nicht bei uns an der Schule gibt, aber noch keine direkte Antwort darauf gefunden…

Was mich nun als Letztes noch interessieren würde, ist, wie ihr zu solch einem Fach stehen würdet. Seid ihr eher dafür oder dagegen? Lasst mich das doch gern in den Kommentaren wissen.

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