Weimar at it’s best.

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Einmal an Schillers Schreibtisch stehen, einmal Goethes Wohnzimmer besichtigen: Schülerinnen und Schüler unseres Gymnasiums können das in der elften Klasse erleben. Denn an einem ganz besonderen Tag im Schuljahr unternehmen alle Deutschkurse einen Ausflug nach Weimar, um sich unmittelbar in die Zeit der Weimarer Klassik zu versetzen und erleben zu können, wie man im 18. Jahrhundert wohnte. Aufgrund der Corona-Situation war es der ehemaligen Jahrgangsstufe 11 nicht möglich, die Reise ins 170 km entfernte Weimar anzutreten. Das wurde jetzt nachgeholt – ein Bericht.

Zunächst hieß es „zeitig aufstehen“ für die rund 100 Jugendlichen der Klasse 12, denn Treffpunkt am Gymnasium war schon 6:15 Uhr am Morgen. Mit leichter Verspätung traten die beiden Reisebusse ihren vierstündigen Weg in Richtung des Ausflugszieles an. Nach einem kleinen Nickerchen, der den verpassten Schlaf nur bedingt wieder aufholen konnte, neigte sich die Busfahrt, die sich viel kürzer als angegeben anfühlte, schon dem Ende entgegen. Angekommen am „Weimar Atrium“, einem großen Einkaufszentrum in Weimar, legte sich unsere Hoffnung nach besserem Wetter schnell. Im strömenden Regen, der, sofern man keinen Regenschirm besaß, in jede Ritze der „wasserdichten“ Kleidung drang, ging es für die Kursteilnehmenden über einen kurzen, fünfminütigen Fußweg zum Schiller-Haus, in welchem Frau Sieber alle weiteren Details zum Ablauf des Tages mit der „Klassikstiftung Weimar“ klärte und die Eintrittskarten organisierte.

Der Deutsch-Leistungskurs von Frau Sieber hatte Glück: während die anderen Kurse draußen im Regen verharrten, begannen wir unseren ersten Punkt, der auf dem Tagesplan stand. Ein ehemaliger Schüler unserer Schule gab uns eine Führung durch das Weimarer Wohnhaus Friedrich Schillers, in dem der Schriftsteller von 1802 bis 1805 mit seiner Familie lebte. Da die Besucherzahl pro Führung begrenzt war, ging es für die anderen Kurse letztendlich auch ins Trockene, sie besichtigten verschiedene Museen in Weimar zuerst. So hatte jeder Kurs seinen eigenen Ablaufplan, im wesentlichen besuchten aber alle Schülerinnen und Schüler die gleichen Ausflugsziele. Im folgenden wird speziell der Tagesablauf des Leistungskurses von Frau Sieber beschrieben.

Um 9:45 Uhr begann also unsere Führung durch das Haus eines Schriftstellers, der vor allem durch seine Werke „Kabale und Liebe“ sowie „Maria Stuart“ bekannt wurde. Der Rundgang startete im überraschend dunklen Erdgeschoss. Durch die kleinen Fenster drang nur wenig Licht, auf die ehemaligen Bewohner des Hauses hatte das aber kaum Einfluss. Die unteren Zimmer dienten zu Lebzeiten Schillers als Waschküche, in einem anderen Raum wohnte der Diener des Autors. Die Küche befand sich auch in der untersten Etage, mit heutigen Verhältnissen kaum vergleichbar. Gegen diesen Raum wirken heutige Küchen wie richtige „Kochsäle“. Im ersten Stock befanden sich neben dem Wohnzimmer auch ein Kinderzimmer, ein Gesellschaftszimmer sowie ein Privatzimmer Charlotte Schillers, der Frau des Dichters. Aus der Ehe mit ihr gingen vier gemeinsame Kinder hervor. Die Tapete, die von Hand bemalt und in diesen Räumen angebracht war, machte zwar einen edlen Eindruck, rief aber dennoch wenig Begeisterung hervor. Heutzutage würde man diesen Stil wohl eher als „altmodisch“ abstempeln. Das Dachgeschoss war Friedrich Schiller allein vorbehalten, dabei bildete sein Arbeitszimmer den Mittelpunkt der obersten Etage. Ein atemberaubendes Gefühl zu wissen, dass in diesem Raum, vielmehr noch an diesem Tisch Schiller selbst gesessen hatte. Hier entstand eines seiner letzten Dramen, „Wilhem Tell“, bevor der Schriftsteller 1805 in seinem Bett im gleichen Raum verstarb.

Schillers Wohnhaus in Weimar

Und auch für uns war damit die Führung abgeschlossen. Wir mussten uns beeilen, unser Zeitplan war straff. In wenigen Minuten, um 11.00 Uhr, hatten wir einen Termin in der Anna-Amalia-Bibliothek. Dank des kurzen Fußweges wurden wir nicht sehr nass und mit den gemütlichen Filz-Pantoffeln, die wir über unsere Schuhe streiften, fühlte man sich ganz schnell willkommen in der kleinen Bibliothek und konnte das Regenwetter vergessen. Also schlurfte unser Kurs, um die Schlappen nicht zu verlieren, leise in das Herzstück der Bücherei: den Rokokosaal. So bestaunten wir, jeder für sich, Gemälde für Gemälde und Regal für Regal. Der Audioguide tat das Übrige und flüsterte uns unzählige Details ins Ohr, doch am Ende blieben vor allem die goldglänzenden Verzierungen und die weißen Büsten im Gedächtnis. Nur so viel: 1691 als öffentliche Bibliothek gegründet, beherbergt sie heutzutage mehr als 80.000 Bände, war während der Weimarer Klassik eine der bedeutensten Bibliotheken Deutschlands und ist bis heute eines der wichtigsten Archive diese Literaturepoche. 1991, zum dreihundertjährigen Jubiläum der Bibliothek, wurde die Bücherei nach ihrer größten Förderin, Herzogin Anna Amalia von Braunschweig-Wolfenbüttel, benannt.

Nachdem alle Fotos der Räumlichkeiten sorgfältig angefertigt worden waren, konnte sich unsere Gruppe nur schwer von dem trockenen, warmen Unterschlupf trennen. Doch wir hatten keine Wahl: Goethes Wohnhaus wartete schon auf uns! Der kurze Fußweg zu unserem letzten Tagespunkt war schneller bewältigt als gedacht und so war dann doch noch Zeit, im kühlen, aber immerhin trockenen Eingangsbereich ein Brötchen zu essen und sich für die folgende Besichtigung zu stärken. Schließlich begannen wir unseren Rundgang um kurz nach 12.00 Uhr mit der Lieblingsbeschäftigung eines jeden Schülers: Film gucken! Als wir uns aufgewärmt und den Film zu Ende geschaut hatten, starteten wir unseren Audioguide, wahlweise die Kinder- oder Erwachsenenversion, und besichtigten das riesige Anwesen des Weimarer Schriftstellers. Goethe zog 1782 in dieses Haus und bewohnte es für 50 Jahre. Nachdem wir durch das große, lichtdurchflutete Treppenhaus gelaufen waren, das im totalen Kontrast zu Schillers Eingangsbereich stand, wurden wir von dem italienischen Wort „Salve“ begrüßt. Übersetzt heißt das „Hallo“. Gleich darauf schritten wir durch das Brückenzimmer, das voller antiker Plastiken stand und Goethe als Inspirationsquelle diente. Am Ende des langen Ganges angekommen, konnte man den riesigen Garten Goethes bestaunen. Bis zu den privaten Zimmern des Verfassers war es aber noch ein weiter Weg. Wir liefen durch die unzähligen Räume, die mit ihren vielen Kunstwerken eher an ein Museum als an einen gemütlichen Wohnraum erinnerten. Doch schlussendlich erreichten wir unser Ziel: das Arbeitszimmer von Johann Wolfgang von Goethe. Wie auch in Schillers Räumlichkeiten lud das Arbeitszimmer des Dichters zum Phantasieren ein. Man konnte sich besser als je zuvor vorstellen, wie Goethe mit zusammengeschlagenen Händen hinter dem Rücken neben seinem Schreibtisch lief und über „Die Leiden des jungen Werther“ oder den Ausgang von „Faust“ nachdachte. Lange nach dem Tod seines guten Freundes Friedrich Schiller, der nicht weit von ihm entfernt wohnte, starb auch Goethe 1832 im Alter von 82 Jahren. Er hinterließ drei Kinder.

Goethes Arbeitszimmer

Um den Tag in Weimar gänzlich abzurunden, ließen sich einige Schülerinnen und Schüler unseres Kurses noch auf einen kurzen Besuch des Goethe-Nationalmuseums ein. Ausgestellt waren neben vielen historischen Objekten und Anschauungsmaterialien aus der Zeit der Weimarer Klassik auch persönliche Gegenstände des Poeten, sowie Statuen und Bilder von Goethes Wegbegleitern.

Schließlich hatten wir noch einiges an Freizeit in Weimar, in der wir, nicht gerade überraschend, einen Buchladen besuchten und im Döner-Imbiss halt machten. Bei schönem Wetter lädt die Stadt auch zu einem Besuch des „Parkes an der Ilm“ ein. Aber das Regenwetter machte nur noch einen kurzen Stopp am bekannten Goethe-Schiller-Denkmal vor dem Deutschen Nationaltheater möglich, bevor es zu einem abschließenden, gemeinsamen Eisessen zurück in Richtung „Weimar Atrium“ ging.

Pünktlich um 16:30 Uhr rollten die beiden Busse vom Parkplatz wieder Richtung Brand-Erbisdorf, wo wir um 19.00 Uhr, mehr als eine Stunde früher als erwartet, das Gymnasium erreichten. Zusammenfassend lässt sich trotz des Wetters sagen, dass sich der Weg, den wir auf uns genommen haben, durchaus gelohnt hat. Weimar hat sich, wetterbedingt, sicher nicht von seiner besten Seite präsentiert, aber das Erleben des „Geistes von Goethe und Schiller“ ist definitiv eine Reise wert – auch im Hinblick auf das bevorstehende Abitur.


Quellen:

  • Führungen in den Museen in Weimar
  • www.klassik-stiftung.de
  • de.wikipedia.org/wiki/Schillerhaus_Weimar
  • de.wikipedia.org/wiki/Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek
  • de.wikipedia.org/wiki/Goethes_Wohnhaus
  • Schillers Wohnhaus: Andreas Trepte
  • Goethes Arbeitszimmer: Klassikstiftung Weimar
  • Bilder Anna-Amalia-Bibliothek, Goethe-Schiller-Denkmal (Titelbild): Richard
  • Zuletzt abgerufen am 24.11.2021 um 17 Uhr
Richard

Richard

Richard war von 2017 bis zum Abitur 2022 als Autor bei CottaConnect tätig. Neben schulinternen Berichten hat er sich vor allem mit der Technik, die hinter der Webseite steckt, beschäftigt.

2 comments

  1. Richard, da hast du einen ganz feinen Text geschrieben, den ich leider jetzt erst gelesen habe. Nur ein kleines Detail ist falsch, Christiane Goethe starb sehr viel früher als ihr Mann.

    1. Dankeschön! Der Fehler ist schon ausgebessert.

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