Es ist ein kalter Tag im Dezember 2020.
Schulen dicht, Lockdown, Homeschooling…
Und mein Rechner streikt. Mal wieder.
Diese Situation dürfte einigen von euch bekannt vorkommen.
Es musste also etwas Neues her. Zwei Dinge waren schnell klar: Mein Budget betrug allerhöchstens 500 Euro und es sollte ein Laptop werden. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich ziemlich viel Gutes über Chromebooks gelesen und die Nase voll von langsamen Windows-PCs. Also fiel meine Wahl auf ein 14” Chromebook von Lenovo für damals knapp 250€.
Diese Entscheidung ist mittlerweile über zwölf Monate her und ich möchte euch in diesem Bericht ehrlich zeigen, was Chrome OS wirklich kann – und was nicht.
Was sind Chromebooks?
Zunächst möchte ich ein paar allgemeine Dinge aufzeigen,um die Basics zu klären.
Chromebooks sind Laptops, die auf dem von Google entwickelten Betriebssystem Chrome OS basieren. Es zeigt starke Ähnlichkeiten zu Android und kommt – verglichen mit Windows – mit deutlich weniger Hardwarepower aus. Die Geräte werden häufig als ideale Laptops für Schüler:innen und Studierende beworben und glänzen mit Akkulaufzeiten von weit über zehn Stunden. Spannend wird das Ganze aber vor allem durch zwei Dinge: Der Preis dieser Geräte liegt meist zwischen 200 und 600 Euro und Chromebooks bieten Zugriff auf den Playstore.
Aufklappen und los geht’s
Chromebooks sind innerhalb von acht Sekunden einsatzbereit. Wenn ihr euch nicht abmeldet, sondern den Laptop nur zuklappt, um eure Arbeit zu unterbrechen, ist er nach dem Aufklappen sogar häufig in unter einer Sekunde aktiviert. Diese Funktion ist wirklich nützlich und macht zum Beispiel das mobile Arbeiten sehr angenehm. Zuklappen, Raum wechseln, aufklappen, weiterarbeiten. Auch die Einrichtung funktioniert super einfach und schnell.
Ein Akku der hält, und hält, und hält
Chrome OS ist ein sehr sparsames Betriebssystem. Google wirbt mit Akkulaufzeiten von bis zu 12 Stunden. Ich persönlich nutze mein Gerät auch manchmal ganze 16 Stunden ohne Ladepause. Für einen Schultag oder das Erledigen von Hausaufgaben reicht das in der Regel locker.
Hardware, die Spaß macht
Jede:r, der regelmäßig mit Computern schreibt weiß, dass Tastatur nicht gleich Tastatur ist.
Trotz des geringen Preises (in meinem Fall 250€) bieten Chromebooks meist eine gute Tastatur. Ein angenehmer Tastenanschlag mit definiertem Druckpunkt macht das Tippen zur wahren Freude. Ebenso angenehm ist die Bedienung des Touchpads. Einziger Wermutstropfen: Die meisten Tastaturen sind nicht beleuchtet.
Besondere Funktionen
Google nennt es die “Alles-Taste” und das ist ziemlich treffend. Sie liegt an der Stelle, an der sich die Feststelltaste befindet. Mit Ihr könnt ihr euren Speicher, eure Cloud, Google und eure Programme durchsuchen. Das ist erstmal ungewohnt, aber wirklich praktisch. Ebenso sinnvoll sind die Funktionstasten am oberen Tastaturrand. Statt F1 bis F12 haben die Tasten Symbole für ihre Funktion. Bildschirmhelligkeit und Lautstärke lassen sich darüber intuitiv regeln. Außerdem liegen hier zwei Tasten zum rückgängig machen bzw. wiederherstellen und zur Aktivierung des Vollbildes. Mit einer weiteren Funktionstaste lassen sich die digitalen Desktops aufrufen – aber dazu später mehr.
Nun, da ihr die wesentlichen Funktionen kennt, möchte ich euch anhand von einigen Beispielen meine Erfahrungen aufzeigen.
Daily Business
Wer an die üblichen Büroprogramme denkt, wird sich zunächst wundern. MS Office und andere Größen sucht man vergeblich. Word und Excel stehen bei Wunsch allerdings als App zur Verfügung. Doch Google liefert die hauseigene Lösung: Drive. Der Cloudservice ist kostenlos und bietet Programme für die Textbearbeitung, Tabellenkalkulation und das Erstellen von Präsentationen. Das digitale Whiteboard ist eine Art Zeichenprogramm – allerdings mit vielen nützlichen extra Features. Das moderne Design ist ansprechend und durch die ausblendbaren Menüs lässt sich sehr fokussiert arbeiten. Die Dateien werden automatisch gespeichert und sind von jedem Gerät mit Internetzugang aus bearbeitbar. Doch wir leben in Deutschland und hier ist schnelles Internet vielerorts noch immer eine Utopie. Chromebooks lösen auch dieses Problem, denn alle Dateien lassen sich offline bearbeiten und werden dann auf dem Gerät gespeichert. Sobald wieder eine Internetverbindung besteht, wird der Arbeitsfortschritt automatisch synchronisiert. Wenn Dateien exportiert werden sollen, so stehen hierfür alle gängigen Formate zur Verfügung. Apropos Dateiformate… Chromebooks können so ziemlich alles öffnen. Viele Dateien, die Windows nicht öffnen kann, sind in Chrome OS zumindest eingeschränkt nutzbar. Mit entsprechenden Apps erweitert man diese Fähigkeit noch. Mein Tipp für alle Fans von opendocument-Formaten: die kostenlose App »Collabora Office« bietet umfangreiche Möglichkeiten zum Öffnen und Editieren dieser Dateitypen.
YouTube, Netflix und Co.
Surfen und Videostreaming funktionieren einwandfrei. Netflix bietet mit der Downloadfunktion auch Unterhaltung ohne WLAN. Die eingebauten Lautsprecher sind ok, aber auch nicht viel mehr als das.
Videokonferenzen
Die Webcam ist, wie für dieses Geld zu erwarten, kein »4K-Monster«. Das interne Mikrofon ist hingegen durchaus brauchbar und bei Bedarf bieten sich mit Klinkenanschluss und Bluetooth ausreichende Erweiterungsmöglichkeiten. Die Klassiker Zoom, Google Duo, Big Blue Button und Discord funktionieren einwandfrei.
Bildbearbeitung und Co.
Für alle Freund:innen von Kameras und Bewegtbild stellt sich unweigerlich die Frage: Und was ist mit Photoshop, Premiere, GIMP und DaVinci? Ich habe mich beim Videoschnitt für die cloudbasierte Lösung von WeVideo entschieden. Die kostenpflichtige Version bietet gut funktionierendes Editing von 4K-Inhalten und einen Speicherplatz von 100TB. Für Grafikdesign nutze ich die kostenlose Software LogopitPlus und Bildbearbeitung läuft über Adobe Lightroom, das für Chromebooks übrigens kostenlos ist. GIMP und DaVinci sind aktuell nicht für Chromebooks verfügbar. Ich habe beides jedoch bisher auch noch nicht vermisst.
CAD und DBMS
Wagen wir einen Blick in die Bereiche der professionellen Industriesoftware. Wer auf Datenbankmanagementsysteme oder Hochleistungs-CAD-Software angewiesen ist, wird mit Chrome OS nicht glücklich. Denn auch wenn Google seit Jahren an der Implementierung von .exe-Dateien arbeitet, so ist im Moment keine Verwendung von diesen möglich. Auch wenn die angeführten Beispiele für die meisten Schüler:innen wohl kaum relevant sind, so möchte ich sie, der Vollständigkeit halber, trotzdem erwähnt haben.
Vollwertiger PC-Ersatz?!
In meinem Fall ersetzte das Chromebook meinen früheren PC. Wie genau ich es in meinen Arbeitsplatz integriert habe, dazu mehr im neuen Teil der Reihe Schreibtisch-Tipps. Nach nunmehr einem Jahr Erfahrung wöllte ich nicht mehr zurück. Für mich ist das Chromebook trotz seiner Schwächen der ideale Rechner geworden.
Fazit
Chromebooks sind mehr als Smartphones mit Tastatur. Chrome OS hat sich im letzten Jahrzehnt zu einem ernsthaften Betriebssystem mit tollen Möglichkeiten entwickelt. Für viele Schüler dürfte es eine kostengünstige und sinnvolle Alternative zu Windows-Geräten darstellen. Die Kaufentscheidung muss am Ende jeder selbst treffen.
Solltet ihr weitere Fragen zum Thema haben, so könnt ihr sie gern in die Kommentare schreiben.
Beitragsbild: Michel Fürtig